Mock Up des Entwurfes für das Denkmal in der Frankfurter Innenstadt;
Titel: Das Waisen-Karussell
Künstlerin: Yael Bartana
Für die Ausstellung "Kinderemigration aus Frankfurt" die im Deutschen Exilarchiv der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt gezeigt wird, stellen wir sechs Kindern noch einmal einen Platz in Frankfurt zur Verfügung, indem wir ihre Kinderzimmer, die sie auf der Flucht vor den Nationalsozialisten in den Jahren 1938/1939 verlassen mussten, symbolisch rekonstruierten. In dem Entwurf des Büros SPACE4 GmbH aus Stuttgart ist jedes dieser sechs einheitlich gebauten Zimmer durch ein Gerüst definiert, das die Grenzen des Raumes nachzeichnet.
Die Deutsche Nationalbibliothek (DNB) zeigt vom 2. September 2021 bis zum 15. Mai 2022 in Frankfurt am Main die Ausstellung "Kinderemigration aus Frankfurt".
Jedes dieser Zimmer wird durch eine Gerüststruktur definiert, das die Raumkanten der Räume nachzeichnet. In einem leuchtenden Signalrot gefärbt ist dieser Umriss des Zimmers das markanteste Gestaltungselement der Ausstellung. Die Gerüststangen haben wir aus Metallrohren gefertigt. Dazu passende Verbindungselemente um Kreuz- oder T-förmige Verbindungen zu schaffen. Alle Elemente haben wir leuchtrot pulverbeschichtet lackiert, um Ihnen einen schlichten Charakter zu verleihen. So wird die Metapher der "Reduktion und Klarheit" wertig transportiert. Durch die leuchtrote Pulverbeschichtung bekommt das Gerüst eine kunstvoll stilisierte Facette.
An den Gerüsten hängen die Expontatträger aus 22mm Pressspanplatte - einem vergleichbar günstigen Werkstoff - die elegante und zurückhaltende Note erhält diese Platte hier durch das Finish mit weißer Lasur. Die Pressspanplatte* bzw. die Flachpressplatte ist übrigens eine Erfindung aus der Zeit der 30er-Jahre. Eine weitere Metapher / ein weiteres Zitat, das auf diese Weise stilisierend und stilbildend in die Ausstellung einfließt.
Die auffällige leuchtende Farbigkeit des Gerüsts wird genutzt, um die emotionale Kraft der Farben zu betonen und hervorzuheben. Sie dient als Kulisse für die Präsentation von sechs Comics, die die Lebensgeschichte der Kinder erzählen, jeder mit seinem eigenen Zeichenstil und seiner Farbigkeit. Die Wände der Räume sind nur teilweise mit Elementen bedeckt, um den fragmentarischen Charakter der Erzählung zu betonen.
Die Vitrinen sind aus Pressspanplatte und Glas - Präzise Körper ohne sichtbare Fugen und mit einem für die Besucher*innen nicht sichtbaren Schließmechanismus. Sie zeigen Fragmente der Zeit: Dokumente, Fotos, Tagebuchseiten, Bilder, uvm.
Es gibt Schauvitrinen in Hüfthöhe / Tischhöhe: Boden und Seitenteile ringsum sind aus weiß lasierter Pressspanplatte gefertigt. Eine oben eingeschobene Glasscheibe gewährt Einblick in die Tisch-Vitrine und schützt die jeweiligen Exponate.
Eine weitere Vitrine für ein großes Exponat ("Vintage" Übersee Reisekoffer mit Holzlatten) haben wir auf ein mobiles Holzpodest gestellt. Ringsum mit genügend Spielraum durch eine stabile Klarsicht-Plexiglashaube geschützt. Die Plexiglashaube haben wir an den Ecken exakt auf Gehrung gefertigt. So lässt sich das Exponat von allen Seiten betrachten.
Was wäre eine zeitgemäße Ausstellung ohne Videos? Richtig Teil eins. Eine Wand/Vitrinen-Konstruktion wurde mit einem Monitor bestückt. Hier werden die Geschichten durch Interviews der Zeitzeugen sichtbar und erlebbar gemacht.
Offene Vitrine-Säule für interaktives Modul - "Leap Motion Interaction Engine" - Interaktion mit einem Geodaten Stadtplan der Frankfurter Innenstadt auf einem 75-Zoll-Monitor.
Was wäre eine zeitgemäße Ausstellung ohne Interaktion mit den Händen? Richtig Teil zwei. "Leap Motion" - ein Controller der auf eine optische Erkennung der Hände und Finger setzt, schafft eine spielerische Interaktion mit dem programmierten Stadtplan und weiteren historischen Informationen von Frankfurt am Main. Das Leap-Modul haben wir offen in einer Pressspanplatten Säule platziert. So kann der Betrachter tippen, greifen, wischen, schieben, auswählen oder zum nächsten Thema springen. Konzeption und Gestaltung: SPACE4 GmbH
Abgerundet wird die Ausstellung durch emotionale oder informelle Elemente auf großen Flächen (Holz- oder Wandelemente): Headlines, Infotexte & Infografiken illustrieren vertiefende Inhalte und regen den Besucher zum Nachdenken an. Konzeption und Gestaltung: SPACE4 GmbH
Max Himmelheber, der Erfinder der Spanplatte, wurde vor 110 Jahren in Karlsruhe geboren. Die 1932 angemeldete Erfindung, die ein "holzähnliches Produkt und ein Verfahren zu seiner Herstellung" beschreibt, beinhaltete wiederverwendete Abfälle aus der Holzverarbeitung, insbesondere Holzspäne. Auf diese Erfindung folgten 70 weitere Patente, die sich auf Verfahren zur Herstellung von Spanplatten bezogen. Spanplatten werden aus kleinen Holzteilen (Spänen) und Bindemittel hergestellt (DIN EN 309).
Der völlig neue Werkstoff und seine Herstellung sollten Hand in Hand mit Max Himmelheber gehen, der nach eigenen Angaben schon als Jugendlicher in der väterlichen Schreinerei fast sein ganzes Leben lang mit Holzspänen gearbeitet hatte. 1950 wurde das Himmelheber-Laboratorium in Baiersbronn gegründet. Die Prozesse wurden automatisiert, und zahlreiche Erfindungen, darunter der erste Hochleistungszerspaner und ein Verfahren zur kontinuierlichen Herstellung von Spanformen und Spanplatten, wurden patentiert. Himmelheber schuf viele der Ausrüstungen in seinen Spanplattenwerken, die sich seit den 1950er Jahren in der ganzen Welt verbreitet haben.
Darüber hinaus ist die Spanplatte mit einem ökologischen Konzept verbunden. Vor ihrer Erfindung konnten nur etwa 40 % der gefällten Holzmasse für Möbel verarbeitet werden. Und nicht jeder Baum war geeignet. Für die Hackschnitzelproduktion eignen sich dagegen Bäume minderer Qualität. Der Knackpunkt ist ein anderer: Die Partikel brauchen einen bestimmten Aufbau, um den Spanplatten ihre Festigkeit zu verleihen. Und ihr Aufbau hat sich seither nicht wesentlich verändert: Deckschicht - Mittelschicht - Deckschicht.
Spanplatten sind hergestellte Verbundwerkstoffe aus gepressten Fasern (in der Regel drei bis fünf Schichten), die mit Harz, Leim oder anderen Klebstoffen miteinander verbunden wurden. Die feinsten Späne, insbesondere wenn sie aus ästhetischen Gründen nachträglich beschichtet werden, befinden sich in der Regel in den äußeren Schichten der Spanplatte. Da die Massivholzverbindung entfernt wurde, haben diese Bretter im Wesentlichen die gleichen Quell- und Schwindungseigenschaften wie Massivholz in Richtung der Brettebene: Länge und Breite des Brettes, allerdings auch eine deutlich geringere Festigkeit.
SPACE4 GmbH, Stuttgart
Deutsches Exilarchiv 1933–1945 der Deutschen Nationalbibliothek, Frankfurt am Main
SPACE4 GmbH, Stuttgart
Oschatz Visuelle Medien GmbH, Konzeption & Gestaltung: SPACE4 GmbH
17k GmbH,Konzeption & Gestaltung: SPACE4 GmbH
Wienss Innenausbau GmbH
Pressspanplatten, Stahlrohre leuchtrot pulverbeschichtet lackiert, Glas, Verbindungstechnik
Juni 2021 – August 2021
1. September 2021 – 15. Mai 2022
Elia Schmid